Geltende Abstands-Rechte der Radfahrer bekannt machen und durchsetzen!
In diesem von der Radlobby.at stammenden und schon seit vier Jahren erfolgreichen Sicherheitsabstands-Plakatmotiv werden endlich einmal beide notwendigen räumlichen Knautschzonen des Radfahrers, also sowohl die linke Knautschzone (Mindestüberholabstand Kfz zu Radfahrern) als auch die noch öfter vergessene rechte Knautschzone (Mindestabstand zu parkenden Autos), auf einen Blick schnell begreifbar dargestellt.
MINDESTÜBERHOLABSTAND KFZ ZU RADFAHRERN
Gemäß gültiger deutscher Rechtssprechung zur Straßenverkehrsordnung (StVO) wird der seitliche Mindest-Überholabstand des Autofahrers zum Radfahrer einhellig als Recht des Radfahrers und Rechtspflicht des Autofahrers definiert, und zwar in Höhe von mindestens 1,5 Meter innerorts und mindestens 2 Meter außerorts (bei Radfahrern, die ein Kind transportieren, mindestens 2 Meter auch innerorts). Dies gilt auch dann unverändert, wenn der Radfahrer auf einem seitlichen Radfahrstreifen oder Schutzstreifen der Fahrbahn fährt.
- Genau zu dieser Rechtspflicht hat Bundesverkehrsminister Scheuer eine in diesem Punkt längst überfällige StVO-Novelle vorgelegt, damit die seit Jahrzehnten verbindliche Rechtssprechung zum Mindestüberholabstand endlich auch ausdrücklich im Gesetzestext steht. Siehe Punkt 2 der StVO-Novelle 2019 zum Radverkehr.
- Quelle: Bundesverkehrsministerium (BMVI)
- In einem TV-Bericht des WDR vom Januar 2019 sieht man bestens die Überholabstands-Problematik visualisiert, wie wir sie auch in Griesheim auf der B26 Südseite zwischen Ortseingang West bis Wilhelm-Leuschner-Str. 125 haben:
- Quelle: WDR Aktuelle Stunde, 19.1.2019
Doch jetzt kommt ein häufiger Rechenfehler ins Spiel: Es ist sehr wichtig als Autofahrer beim Überholen eines Radfahrers neben parkenden Autos am rechten Straßenrand immer sowohl die linke als auch die rechte räumliche Knautschzone des Radfahrers gleichzeitig berücksichtigen, denn an den genauso notwendigen Dooring-Abstand auf der rechten Seite des Radfahrers, die bei Nichtbeachten zur tödlichen Falle werden kann, denken viele Autofahrer nicht und kalkulieren somit ihren eigenen notwendigen Überholabstand zum Radfahrer zu knapp. In der Regel ist für Autofahrer hierfür ein voller Spurwechsel notwendig, so wie man es auch beim Überholen eines anderen Autos machen würde. Ist dies nicht möglich, muss das Überholen solange unterbleiben, bis es mit Abstand möglich ist.
Für Radfahrer sind mangelnde Sicherheitsabstände beiderseits immer wieder Anlass für bedrohliche Angst-Momente, die viele tendenziell vom Radfahren in unserer Stadt abhalten oder zu Lasten der Fußgänger widerrechtlich auf die Fußwege ausweichen lassen.
MINDEST-SEITENABSTAND ZU RADFAHRERN IM BEGEGNUNGSVERKEHR
Nach dem Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme (§1 der StVO) besteht die gleiche Seitenabstands-Anforderung zu Radfahrern auch im Begegnungsverkehr. Bei einem Unfall im Begegnungsverkehr wären die Aufprall-Geschwindigkeiten sogar noch deutlich höher.
Dieser Grundsatz gilt natürlich auch für Radfahrer. Dass einige wenige besonders unerschrockene Radfahrer diese Anforderung selbst massiv unterschreiten, schadet der Sicherheit aller Radfahrer und ihren Kindern, und auch dem Image aller Radfahrer bei Autofahrern. Hier müssen alle Verkehrsteilnehmenden gemeinsam rücksichtsvoller werden.
Leider wurde in obiger StVO-Gesetzesnovelle dieser ebenso wichtige Mindest-Seitenabstand im Begegnungsverkehr sowie der Dooring-Abstand (siehe rechts) nicht mitbedacht und genauso eindeutig klar gestellt. Hier muss die deutsche StVO dringend noch klarer werden.
MINDESTABSTAND RADFAHRER ZU PARKENDEN AUTOS
Auch der sogenannte Dooring-Abstand von Radfahrern zu parkenden Autos wird seit Jahren von der deutschen Rechtssprechung zur StVO als Recht und Rechtspflicht des Radfahrers angesehen.
- Die Dooring-Unfall-Problematik auf der rechten Seite des Radfahrers wird oft vergessen, auch beim BMVI und ADFC spielt sie eine viel zu kleine Rolle. Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) des Gesamtverbands der Versicherungswirtschaft (GDV) sieht diese jedoch als Unfallursache mit besonders schwerwiegenden Verletzungen bei Unfällen mit Fahrradbeteiligung. Bundesweit betrifft es 7% der Radunfälle, also jeden 14. Radunfall.
- Quelle: UDV.de
- Die Dooring-Unfall-Problematik auf der rechten Seite des Radfahrers wird oft vergessen, auch beim BMVI und ADFC spielt sie eine viel zu kleine Rolle. Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) des Gesamtverbands der Versicherungswirtschaft (GDV) sieht diese jedoch als Unfallursache mit besonders schwerwiegenden Verletzungen bei Unfällen mit Fahrradbeteiligung. Bundesweit betrifft es 7% der Radunfälle, also jeden 14. Radunfall.
- Sogar der ADAC hat sich der Dooring-Problematik angenommen. Er kritisiert alle technischen Warnlösungen als bisher unzuverlässig und fordert ebenfalls: „Radfahrer sollten stets einen ausreichenden Seitenabstand zu parkenden Fahrzeugen einhalten“.
- Quelle: ADAC.de
- Sogar der ADAC hat sich der Dooring-Problematik angenommen. Er kritisiert alle technischen Warnlösungen als bisher unzuverlässig und fordert ebenfalls: „Radfahrer sollten stets einen ausreichenden Seitenabstand zu parkenden Fahrzeugen einhalten“.
Leider gibt es noch einen Haken: Der genaue Abstandswert ist in der deutschen Rechtssprechung noch nicht eindeutig. Hier wird von Gerichten oft von mindestens einer Türbreite gesprochen. Diese liegt je nach KFZ zwischen 80cm und 1,50m. Wobei in einem Gerichtsurteil 80-90cm Abstand als nicht ausreichend definiert wurden.
Was bedeutet das für die Verkehrspraxis? Kann ein Radfahrer, der sich am Straßenrand parkenden Autos nähert, schon von hinten deren tatsächliche Türbreite erkennen? Z.B. ob ein Golf ein 4-Türer (schmalere Tür) oder ein 2-Türer (breite Tür) ist? In der Regel nein. Doch angenommen man könnte es und würde als Radfahrer, exakt wie von der Rechtssprechung verlangt, den Seitenabstand zu parkenden Autos je nach Türbreite anpassen. Dann würde das für den Autoverkehr aussehen wie ein Radfahrer, der Schlangenlinien fährt, also wie Trunkenheit am Lenker. Das ist völlig unzumutbar, sowohl für Radfahrer als auch für den Autoverkehr!
Da schon ein 2-türiger VW Golf eine Türöffnungsbreite von 1,13m besitzt, schließen wir uns der Forderung der Radlobby.at in vollem Umfang an und fordern auch in Deutschland eine Konkretisierung auf einen sicheren Doorings-Abstands-Wert von mindestens 1,20m. Es kann von Radfahrern niemals verlangt werden, die eigene körperliche Unversehrtheit zu gefährden und/oder für den nachfolgenden Autoverkehr bei rechtskonformem Verhalten im Fahrverlauf unkalkulierbar zu erscheinen. Auch hier muss die deutsche StVO unverzüglich genauso eindeutig werden wie beim Mindestüberholabstand!
Praxistipp: Es lohnt sich, als Radfahrer selbstbewusst den rechtlich geforderten Schutzraum auf der Straße einzunehmen und ein notwendiges Ausscheren mit Schulterblick und Handzeichen rechtzeitig anzuzeigen.
MW
Weitere Maßnahmen
wird fortgesetzt …