Eine Fahrradstraße in Griesheim ist noch kein durchgängiges städtisches Radverkehrsnetz!

Ein IFFG-Beitrag im Magazin Kettenblatt des ADFC Darmstadt-Dieburg, aktualisiert und ergänzt um einige illustrative Fotos und Links. Erstveröffentlichung im Kettenblatt Nr. 2/2024 vom 15.11.2024.

Weniger als 1% der Griesheimer Verkehrsflächen sind bisher dem Radverkehr gewidmet. 2016 wurde ein Nahmobilitätskonzept vor-gestellt, das trotz guter Ideen im Sande verlaufen ist. 2019 bis 2020 folgte ein Radverkehrskonzept, dessen Umsetzung im Februar 2021 vom Stadtparlament beschlossen wurde. Was hat sich seitdem getan? Nach drei Jahren sind noch nicht einmal 5 % der Maßnahmen umgesetzt. Ein paar Lichtblicke gibt es dennoch:

Erste Griesheimer Fahrradstraße: Baumaßnahmen begonnen

Neue Gehwegnase in künftiger erster Fahrradstraße in Griesheim (Foto: MW, IFFG)

2021 wurde die erste Griesheimer Fahrradstraße in der Darmstädter Straße und Goethestraße beschlossen, doch erst im Sommer 2024 haben Baumaßnahmen dafür begonnen. Die erste Umbaumaßnahme kommt überraschend Fußgänger*innen und Rad fahrenden Kindern bis 10 Jahren zu Gute, die dort z. B. zur Friedrich-Ebert-Schule oder Gerhart-Hauptmann-Schule unterwegs sind: Einige Kreuzungen erhalten derzeit an Straßenecken Gehwegnasen, die sich viertelrund an auf der Fahrbahn markierte Parkplätze anschließen. Sie verkürzen die Querung, verbessern die Sichtachsen und entschleunigen den Verkehr. Die IFFG begrüßt die Idee. Gut dimensionierte Gehwegnasen sollten auf allen wichtigen Schulwegen zu Grundschulen und Querungen vor Kitas, Spielplätzen und Seniorenresidenzen Standard werden.

Allerdings überzeugen nicht alle Maßnahmen im Detail, wie das Gespräch mit Betroffenen zeigt. Einige Gehwegnasen erscheinen an den unverändert winzigen Gehwegen übergroß dimensioniert, andere maßvoll. Ob das einer Fahrradstraße dient, darf zumindest bezweifelt werden.

Ein weiteres Beispiel: Am Ende der geplanten Fahrradstraße wurden kürzlich 110 neue Fahrradabstellplätze aufgebaut, von denen jedoch nur wenige benutzt werden (siehe großes Artikel-Foto oben). Die Abstellplätze stehen direkt vor dem Waldspielplatz und der Gerhart-Hauptmann-Schule. Im Grunde eine gute Idee, doch warum so viele nur an dieser einen Stelle, während sie andernorts fehlen? Die Schule riet sogar ausdrücklich davon ab Fahrräder dort abzustellen, da außerhalb des Schulgeländes abgestellte Fahrräder nicht versichert seien. Fährt man hingegen nordseitig mit dem Rad zur Straßenbahn, sind Parkmöglichkeiten für Fahrräder oft Mangelware. Auf der gesamten Nordparallele der zentralen Wilhelm-Leuschner-Straße (B26), z. B. nördlich der Straßenbahn-Haltestellen Kantstraße, Sankt Stephan und Flughafenstraße, gibt es keinen einzigen Fahrradabstellplatz, Autoparkplätze jedoch mehr als 100.

Die Griesheimer Stellplatzsatzung ermöglicht, bis zu einem Viertel der vorhandenen Kfz-Parkplätze in Fahrradabstellplätze umzuwandeln. Es wäre viel gewonnen, wenn die Stadt Griesheim hierbei auch mit gutem Beispiel voranginge und an allen Orten mit Fahrradabstellbedarf wenigstens einige wenige Kfz-Parkplätze im öffentlichen Straßenraum in geräumige sichere Fahrradabstellplätze umwandelte. Viele andere Kommunen machen das bereits. Es wäre an jedem Ort eine sichtbare Einladung, öfter aufs Rad zu steigen.

Abstand-Banner: Teilerfolg in Griesheims Wohngebieten

20 Banner erinnern in Griesheim an Überhol- & Dooring-Abstand (Foto: MW, IFFG)

Die nun bereits seit drei Jahren erfolgreich installierten Abstand-Banner der IFFG in Griesheim sind eine echte Deutschlandpremiere. Sie basieren auf dem „Abstand macht sicher“-Motiv der ADFC-Schwesterorganisation Radlobby Österreich in einer genehmigten Neufassung, die von der IFFG erstmals an die deutsche Rechtslage angepasste wurde. Das Projekt konnte realisiert werden, weil die Stadt Griesheim als Partner einstieg und auch ADFC und VCD die Banner finanziell unterstützten. An der Wilhelm-Leuschner-Straße (B26) gibt es laut Open Bike Sensor-Messungen die weitaus meisten zu knappen Überholungen. Genau dort, wo es also am nötigsten wäre, sind alle Banner verschwunden. Wo die Banner in den Wohngebieten hängen, wurde hingegen eine spürbare Verbesserung erzielt. Der notwendige Dooring-Abstand Radfahrender zu parkenden Autos wird besser verstanden, knappe Überholmanöver sind seltener geworden. Da ist buchstäblich Raum in den Köpfen entstanden, der zur Verkehrssicherheit aller beiträgt. Dennoch: Ausgerechnet auf der künftigen Fahrradstraße Goethestraße ist 2023 ein Dooring-Unfall mit Klinikaufenthalt zu beklagen. Ein weiterer Dooring-Unfall ereignete sich 2024 auf einem schmalen Gehweg, mit einem StVO-konform Rad fahrenden Kind. Für die Dooring-Unfallprävention besteht noch viel Handlungsbedarf

Erste Fahrradaufstellfläche: Kreuzung Jahnstraße

Neue Fahrradaufstellfläche Kreuzung Jahnstraße zur B26 (Foto: MW, IFFG)

Ein gelungenes Projekt, das zuerst am Runden Tisch Nahmobilität der Stadt Griesheim diskutiert und erst dann entsprechend umgesetzt wurde, ist die erste rot markierte Fahrradaufstellfläche in der Jahnstraße vor der B26 in Richtung GHS oder Hallenbad. Solche Aufstellflächen würden sich ähnlich auch in der Friedrich-Ebert-Straße nahe der Friedrich-Ebert-Schule nördlich und des Edeka südlich sowie in der Straße Am Schwimmbad nahe Carlo-Mierendorff-Schule und Freibad lohnen.

Griesheim kann Radverkehr noch viel besser

Ein Dialog der Stadt Griesheim mit der IFFG lohnt sich kontinuierlich. So manche Maßnahme wird in Griesheim leider erst nach Schaffung vollendeter Tatsachen detailliert vorgestellt. Dann ist es oft schon spät für sinnvolle Korrekturen. Ein Ideenaustausch würde sich bereits deutlich früher lohnen.

Von einer wirklich fahrradfreundlichen Stadt, deren Infrastruktur so sehr zum Radfahren einlädt, dass man gerne das Auto stehen lässt und so die Straßen von Zuviel an Kraftverkehr entlastet, ist Griesheim noch weit entfernt. Griesheim braucht endlich überall lückenlose schlüssige Radverkehrsführungen, ein Fahrradstraßennetz in Tempo-30-Zonen, Radwege in den Tempo-50-Einkaufsstraßen Feldstraße, Oberndorfer und Flughafenstraße, überall geräumige sichere Fahrradabstellplätze gemäß Stellplatzsatzung. Und keine Angst vor gut gemachten Einbahnstraßen. Das Wichtigste: Die B26 durch Griesheim braucht endlich eine durchgängige, eindeutige und sichere Radverkehrslösung, vor allem im für die Nahversorgung so wichtigen Innenstadtbereich. Dann kann Griesheim doch zu einer Fahrradstadt mit Modellcharakter werden.m

IFFG lädt alle Griesheimer Institutionen und Gruppen zum Stadtradeln 2024 ein

Griesheimer Firmen, Praxen, Händler, Kirchen, Vereine, Stadtverwaltung und Kommunalregierung sind aufgerufen als neue Teams eigene Rad-Kilometer zu erfassen

Vom 7. bis 27. September findet in Griesheim wieder das Stadtradeln 2024 statt, in welchem alle im Alltag mit dem Rad gefahrenen Kilometer auf der Stadtradeln.de-Website für Griesheim verbucht werden können. Die Initiative FahrradFreundliches Griesheim (IFFG) lädt diesmal alle Griesheimer Institutionen, Gruppierungen, einschließlich Stadtparlament und Stadtverwaltung, herzlich dazu ein, im ganz alltäglich Verkehr neuen und zugleich fairen Sportsgeist zu zeigen und in dieser Zeit selbst gefahrene Radkilometer per App zu tracken oder einfach nachträglich manuell einzutragen.

Im letzten Jahr schrieb der TuS Griesheim in einer Pressemitteilung ein sehr treffendes Plädoyer dafür, das Stadtradeln als Gelegenheit zu nutzen „gemeinsam, und jeder für sich, das Mobilitätsverhalten zu überdenken. Oft stellt sich heraus, dass gerade für kurze Strecken das Fahrrad die … günstigere, gesündere und angenehmste Alternative zum Auto ist“.

Das hätten wir als IFFG nicht besser auf den Punkt bringen können als der TuS. Denn es geht beim Stadtradeln gerade darum, neue positive Veränderungen des Mobilitätsverhaltens zu schaffen. Dieses Ziel wird jedoch nicht dadurch erreicht, dass die immer Gleichen versuchen noch mehr Kilometer auf dem Rad fahren, sondern indem ganz neue Teams hinzu kommen, die gemeinsam den inneren Schweinehund besiegen, der doch immer Tausend Gründe findet, auch auf Kurzstrecken ohne schwere Lasten doch wieder nur ins Auto zu steigen. Den Weg zum Bäcker, zur Schule oder zum Sportverein kann doch fast jeder mit dem Rad schaffen.

Deshalb hat sich die IFFG nach fünf Jahren engagierter Teilnahme entschieden, in diesem Jahr einmal bewusst kein eigenes Team aufzustellen, sondern anderen tollen Stadtradeln-Teams mehr Raum zu geben, zum Beispiel dem Team des TuS, der dieses Jahr sein 125-jähriges Jubiläum feiert und 125 Radelnde sucht. 

2023 hat das Stadtradeln-Team der IFFG mit Platz 2 gleich nach der Gerhart-Hauptmann-Schule (GHS) sein bisher bestes Stadtradeln-Ergebnis erzielt und war somit erstmals das beste nichtschulische Griesheimer Team. Die IFFG gratuliert dem Team der GHS (Platz 1) und der Hausarztpraxis Dr. Keller (Platz 3) zu ihren ebenfalls großartigen Leistungen!

Besonderen Respekt würde es zum Beispiel verdienen, wenn diesmal neue starke Stadtradeln-Teams auch aus der Griesheimer Stadtverwaltung und den beiden Regierungsfraktionen im Griesheimer Stadtparlament und Magistrat dazu kämen, die ganz unabhängig vom Parteibuch mit gutem Beispiel voranradeln und die Stadtradeln-Kampagne der eigenen Stadt auch selbst aktiv unterstützen. Kostengünstiger und schneller ist ein starker eigener Beitrag der Stadt Griesheim zum Klimaschutz kaum zu haben. 

Ebenso ist das Stadtradeln eine sehr gute Gelegenheit für alle Griesheimer Arbeitgeber, Praxen, Händler, Religionsgemeinschaften und Vereine, ihre Mitarbeiter, Kunden oder Mitglieder zu ermuntern neue eigene starke Stadtradeln-Teams zu bilden und sich damit auf denkbar kosteneffiziente Weise als nachhaltig handelnde Institution oder Gruppe zu zeigen. Neue Teams können noch bis 27.9. auf stadtradeln.de angemeldet und alle seit 7.9. gefahrenen Kilometer nachgetragen werden.

Eine Anregung möchte die IFFG dem Stadtradeln diesmal gerne mitgeben: Zum guten Sportsgeist gehört es dazu, dass eine Kommune, die zu einem öffentlichen Wettbewerb aufruft, nach Abschluss desselben die Gewinner benennt, ihnen gratuliert und ihre Leistungen wertschätzt und feiert. Eine Pressemitteilung zu den jährlichen Gewinnern des Stadtradeln Griesheim auf der Homepage der Stadt und in den Zeitungen und eine Siegerurkunde für die drei besten Teams sind doch eine tolle Gelegenheit, den Griesheimer Leistungen beim Stadtradeln öffentlichkeitswirksam Anerkennung zu zeigen. 

Die Städte Darmstadt, Mühltal, Mörfelden-Walldorf, Egelsbach, Hofheim, Flörsheim, Heusenstamm, Frankfurt/M., Wiesbaden, Mainz, Alzey, ja sogar die hessische Autostadt Rüsselsheim, gehen da bereits mit gutem Beispiel voran. In Griesheim hat es das zuletzt noch für das Stadtradeln 2018 und 2019 gegeben. Eine sehr gute Tradition, die es sich lohnen würde endlich wieder fortzusetzen und die drei besten Griesheimer Teams auch beim jährlichen Stadtradeln gemeinsam zu feiern!

Mehr Infos:

Stadtradeln-Info der Stadt Griesheim: griesheim.de

Allgemeine Infos und Anmeldung: stadtradeln.de/griesheim

IFFG setzt sich erfolgreich für Gehwege zur Kita Raiffeisenstraße ein

Die Kita Raiffeisenstraße wurde in Griesheim 2015 eröffnet. Noch sechs Jahre danach besaß die offizielle Zufahrt über die Raiffeisenstraße im Abschnitt nördlich des Nordrings zur Kita hin nicht nur keinen Radweg, sondern auch keinen Fußweg! Das heißt Fußgänger (Tempo 6) und Kleinkinder auf dem Laufrad oder Kinderrad in Begleitung ihrer zu Recht besorgten radfahrenden Eltern (ca. Tempo 6 bis 25) mussten sich dort mit LKWs, Lieferwagen und SUVs einen gemeinsamen Straßenraum (Tempo 50) teilen! Das muss man sich als Eltern eines Kita-Kindes mal richtig auf der Zunge zergehen lassen. 
 
Das heißt auch ganz praktisch: Bei am Straßenrand abgestellten Fahrzeugen mussten auch diese Kinder mitten auf die Straße ausscheren um an den parkenden Fahrzeigen vorbei zu kommen! Dies stellte eindeutig eine beträchtlich erhöhte Gefahrenlage für Kitakinder und ihre Eltern dar, die unzumutbar ist. Die Fotos in diesem Artikel veranschaulichen die Situation morgens zwischen 8 Uhr und 8:30 Uhr (Teil der Kita-Bringzeit).

Ein Handlungsbedarf wurde vom Griesheimer Ordnungsamt jedoch bis März letzten Jahres nicht gesehen. Zwar hörte man immer wieder, dass ein Gehweg geplant sei, doch Pläne sind geduldig, das kann dauern. Erhöhte Sicherheit für die besonders schutzbedürftigen Kleinsten einer Kita ist jedoch aus Sicht der IFFG unverzüglich herzustellen.

Dies wäre auf dem Wege der Beschliderung am schnellsten zu erreichen gewesen. Dazu fehlt bis heute ein Hinweisschild an der Einbiegung vom Nordring in die Raiffeisenstraße, dass sich hier eine Kita befindet, womit dort im Gewerbegebiet natürlich keiner rechnet. Zweitens Tempo 30 oder besser noch – wie vor vielen anderen Kitas – kinderfreundlich ein verkehrsberuhigter Bereich. Doch schon die Reduzierung von Tempo 50 auf Tempo 30 wurde abgelehnt mit dem Hinweis auf ein Gewerbegebiet. Was kümmern da schon 120 kleine Kinder, die den Weg von oder zu ihrer Kita in Begleitung auch mal mit eigenen Füßen zurück legen wollen?
 
Doch beim Gehwegbau hat sich endlich etwas getan: Stadtrat Matthias Hoss war im März 2021 dazu bereit, sich zusammen mit Martin Wiediger von der IFFG die Lage in der Raiffeisenstraße vor der Kita einmal eingehend mit eigenen Augen anzusehen und erklären zu lassen. Danach trug er das Anliegen im Magistrat dem Bürgermeister und den weiteren Stadträtinnen und Stadträten vor, mit Erfolg.
 
Durch den Einsatz der IFFG für einen Gehweg ab dem Nordring bis zur Kita bei einem Magistratsmitglied der Stadt Griesheim wurde endlich ein Gehweg in Mindestregelbreite von 2,50m auf der Kita-Seite zugesagt und innerhalb von 16 Monaten auch erstellt. Mehr als sieben Jahre nach ihrer Eröffnung hat die Kita Raiffeisenstraße somit endlich einen Gehweg erhalten, auf dem Kinder und Eltern auch sicher zu Fuß gehen oder mit dem Rad zur Kita fahren können.